Nain (Nā’in)
Herkunft und Geschichte
Nā’in-Teppiche stammen traditionell aus der Oasenstadt Nain in der Provinz Isfahan auf dem zentraliranischen Hochplateau, etwa 100km von der Teppichmetropole Isfahan entfernt.
Muster und Farbkombinationen des Nā’in gehen auf Hadj Fatollah Habibian zurück, der der Überlieferung nach in den 1920er Jahren gemeinsam mit seinem Bruder Mohammad in Nain begann, den Familienbetrieb der Aba-Herstellung auf Teppichknüpfen umzustellen, um einen Konkurs zu vermeiden.
Trotz dieser noch jungen Knüpftradition konnte sich Nain im Laufe des 20. Jahrhunderts unter den besten Teppichknüpfzentren Irans etablieren.
Charakteristik
Die Herstellung des Nā’in erfolgt mittels persischer Knüpfknoten. Der Teppich wird auf Seiden- oder Baumwollkette geknüpft und ist i.d.R. sehr fein, die Struktur sehr stabil. Die Florhöhe ist nur mäßig und durch Seideneinschlüsse glänzend und sehr dicht. Die durchschnittliche Dichte beträgt fast eine halbe Million Knoten/m², wobei hochwertige Exemplare bis zu ca. 2 Millionen Knoten/m² aufweisen können.
Nā’in, die bis Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts entstanden, waren durchweg sehr fein, hochwertig und hochpreisig. Seit ungefähr der Mitte der 90er Jahre wurde ergänzend eine mehr kommerzielle Herstellung in großen Manufakturen im Osten des Iran aufgenommen (z.B. in Tabbas, in Kāshmar und in Neyshabur). Diese Teppiche weisen bei einfacherer Wollqualität dieselben Motive auf, jedoch beträgt die Knotendichte nur etwa 90.000 bis 250.000 pro m².
Die optische Besonderheit des Nā’in ist seine typische Farbkombination. Die Teppiche zeigen ein vorwiegend helles Gesamtbild, komponiert aus Tönen von weiß- bis elfenbeinfarben mit Grau- und Beigeanteilen, sowie verschiedenen Blautönen. Recht selten findet man das Vorkommen von hellen Rottönen. Die dargestellten Muster werden teilweise durch unterschiedlich hohe Schur des Flors reliefartig hervorgehoben. Vorwiegend erfolgt die Herstellung kleiner bis mittelgroßer Teppiche.
Knotendichte und Florhöhe, sowie die Verwendung von Schah-Abbasi- und Eslimi-Mustern geben dem Nā’in die charakterliche Nähe zum Isfahan-Teppich.
Typische Nā’in-Motive sind feingliedrige Rankenkompositionen mit schwungvollen großen Boteh-Motiven (mandelförmig stilisiertes Auge). Auch zarte Medaillons mit Vasenstrukturen, sowie filigrane Zeichnungen von Blumen, Blüten, Zweigen und Ranken finden Verwendung.
Die Qualität des Nā’in wird im Wesentlichen in der Stärke der Kettfäden unterschieden (Anzahl „Lah“). So werden z.B. beim Noh Lah neun (noh) Fäden zu einer Kette zusammengezwirnt:
Tabbas | 12 Lah | 12 Fäden je Kettfaden | 150.000 – 250.000 Knoten/m² | preiswert |
Noh Lah | 9 Lah | 9 Fäden je Kettfaden | 350.000 – 550.000 Knoten/m² | mittlere Preisklasse |
Shish Lah | 6 Lah | 6 Fäden je Kettfaden | 850.000 – 1,2 Mio. Knoten/m² | oberes Preissegment |
Tschar Lah | 4 Lah | 4 Fäden je Kettfaden | 1,2 Mio. – 2 Mio. Knoten/m² | selten und sehr teuer |
Seh Lah | 3 Lah | 3 Fäden je Kettfaden | i.d.R. ab 2 Mio. Knoten/m² | absolute Raritäten |